Wie angekündigt, fand gestern ein erstes Testspiel mit dem mir völlig neuen Spielsystem Infinity von Corvus Belli statt. Dem geneigten Leser werden höchstwahrscheinlich zumindest die Spielmechanismen von einigen Games Workshop Titeln vertraut sein, so dass ich dazu direkte Vergleiche ziehen möchte.
Leider habe ich nicht eine einzige Mini spielfertig bemalt bekommen, so dass ich mit entsprechenden Bildern geizen muss. Immerhin sind die Miniaturen von mir wenigstens entgratet sowie gebased worden. Zudem habe ich die passenden Marker und Schablonen vorbildlich vorbereitet.
Wir spielten einen offenen Schlagabtausch mit 150 Punkten pro Seite. Hier tat sich bereits das erste Manko im Vergleich zu den GW Titeln auf. In den Regelbüchern selbst sind zwar die kompletten Armeelisten aller Fraktionen und die Hintergrundinfos enthalten, doch leider keine Missionen/Szenarien wie man sie z.B. von Warhammer 40.000 kennt. Phantasie ist also ab einem gewissen Punkt gefragt oder man schaut ins Netz, in dem sich langsam dann doch einiges an entsprechenden Missionen/Szenarien findet.
Vor dem Spiel einigt man sich auf eine bestimmte Armeegröße bzw. einen Punktewert und stellt sich seine Armee entsprechend zusammen. Feste Sektionen wie HQ, Elite, Sturm etc. gibt es in diesem Sinne bei Infinity nicht. Vielmehr muss in der Armee lediglich mind. ein Leutnant enthalten sein, der aus allen möglichen Truppentypen stammen kann und vielmehr einen reinen Titel darstellt. Manchmal kostet er mehr als ein vergleichbares Modell des gleichen Typs und hat stellenweise eine etwas andere Ausrüstung, doch dies ist eher die Ausnahme. Der Rest der Armee kann dann unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit der einzelnen Truppentypen im Prinzip frei zusammengestellt werden. Elite-Einheiten sind naturgemäß rarer als ein 08/15 Infanterie Trupp und dies wird durch einen bei der Auswahl entsprechend zu berücksichtigenden Wert gekennzeichnet.
Je 50 ausgewählte Punkte in der Armeeaufstellung erhält man einen Punkt zur Auswahl von schweren Unterstützungswaffen, so dass man z.B. in einer Armee mit 150 Punkten bis zu 3 Unterstützungswaffen-Punkte ausgeben kann. Einige besondere Modelle erhöhen die vorhandenen Unterstützungswaffen-Punkte sogar. Das System funktioniert recht gut und beugt in dieser Hinsicht zusätzlich allzu unausgewogenen Listen vor.
Da es bei Infinity auch einige wenige echt heftige Charaktermodelle gibt, sollte man sich bei einem Freundschaftsspiel über deren Einsatz ggf. vorher absprechen, da diese echt mächtig sind und die Spielbalance hierunter mitunter erheblich leiden kann.
Besonders positiv hervorheben möchte ich den durch Hersteller bereit gestellten
Online-Armeelistengenerator, der kinderleicht zu handhaben ist und mit dem man sich völlig kostenlos seine Armeelisten zusammenstellen und direkt ausdrucken kann. Darin sind direkt alle spielwichtigen Profile und Ausrüstungen in optisch ansprechender Form enthalten. Einfach perfekt gelöst!
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Die Listen sind eigentlich farbig, doch ich habe nur einen s/w-Laserdrucker. | |
Alle Einheiten haben Profilwerte, die ihre Eigenschaften im Kampf widerspiegeln und entsprechende Tests hierauf werden mit Würfen auf einem W20 abgehandelt. Dabei braucht man selten mehr als 2-3 Würfel auf einmal und es gibt entsprechend kein Würfelmassaker wie bei einigen GW-Systemen. Die Beherrschung von Addition und Subtraktion ist eine wichtige Grundvoraussetzung. Bei allen möglichen Tests werden nämlich Modifikatoren auf den Grundwert angerechnet und es finden stellenweise auch vergleichende Würfe zwischen den Spielern statt.Es gibt sogar die Möglichkeit verheerende kritische Treffer zu verursachen.
Wie spielt sich Infinity nun? Im Prinzip wie jedes andere Tabletop auch. Ich habe eine Platte mit möglichst viel(!) Gelände und darauf werden die Armeen positioniert. Wenn nun ein Spieler am Zug ist, so richtet sich die Zahl seiner "Aktionen" im Grundsatz nach der Anzahl seiner Figuren auf dem Tisch (Sonderregen jetzt mal außen vor).
Jede Figur steuert somit einen sogenannten Befehl zum Befehlspool bei. Bei 5 Miniaturen, stehen mir somit rein theoretisch 5 Befehle zur Verfügung. Teile ich nun einer Mini einen Befehl zu, so kann diese sich vereinfacht gesagt bewegen und/oder eine Fähigkeit wie z.B. Schießen einsetzten oder sich noch einmal bewegen.
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Dank der großen Schablone sieht man glücklicherweise kaum noch etwas von den blanken Minis... |
Ich bin nicht verpflichtet jeder Figur aus dem Befehlspool einen Befehl zu geben und kann somit einer Figur auch alle Befehle hintereinander geben. Es spräche also nichts dagegen in meinem Beispiel einem besonders fähigen Kämpfer alle 5 Befehle aus dem Pool zu geben und der läuft dann übers Feld und ballert munter alles über den Haufen.
Zu beachten ist jedoch, dass der Gegner im Prinzip auf jeden meiner erteilten Befehl direkt reagieren kann, auch wenn es eigentlich nicht seine Runde ist. Vereinfacht gesagt, ist dies mit der Feuerbereitschaft aus GW-Systemen wie z.B. Necromunda oder WH40k der 2. Edition vergleichbar. Bei Infinity beschränken sich die Reaktionen aber nicht nur auf das Zurückschießen.
Dieses System von Aktion des aktiven Spielers und direktem Konter des reaktiven Spielers ist eine der großen Stärken von Infinity und dies macht das Spiel sehr dynamisch und interaktiv. Man muss wie beim Schach immer ein paar Züge voraus denken und ständig aufmerksam sein. Das automatische Zurücklehnen wie bei 40k, solange man dort nicht Rüstungs- oder Rettungswürfe machen muss oder sich im Nahkampf befindet, entfällt somit.
Dieses kleine Video erklärt das eben Beschriebene noch einmal ganz anschaulich:
Um Missverständnisses vorzubeugen - das Infinity Grundregelwerk umfasst lediglich knapp 60 Seiten und ist damit vom Umfang her mit dem von Warhammer 40.000 vergleichbar. Allerdings sind die Infinity Regeln stellenweise wirklich ziemlich unübersichtlich aufgebaut und oft sucht man sich einen Wolf. Bei unserem Spiel hatten wir nebenbei einen Rechner mit Internetzugang stehen und konsultieren bei Unklarheiten das
Infinity Wiki. Das ging einfach schneller.
Durch die Fülle an Spezialfertigkeiten und der großen Auswahl an verschiedenen Fraktionen und Ausrüstungsoptionen ist Infinity zwar komplex, doch gleichzeitig macht es auch unheimlich viel Spaß. Abgesehen von der Investition in passende Geländestücke, ist Infinity ein recht kostengünstiges Spielsystem. Dank entsprechender Starterboxen hat man schnell für 50 - 100 Euro eine große und schlagkräftige Truppe zusammen gestellt und die Spielregeln gibt es auf der Herstellerseite komplett kostenlos als
Download. Somit kann man in Prinzip nicht viel falsch machen und wer sich momentan nach einem neuen System umsieht, der sollte Infinity eine Chance geben. Da die Community in Deutschland stetig wächst, findet sich zumindest in der Nähe von größeren Städten immer ein Mitspieler.
In meinem Testspiel gegen Lions Aleph-Truppe, bin ich etwas zu unbedacht nach vorn gestürmt und daher wurden meine schlagkräftigsten Modelle schnell durch feindlichen ausgeschaltet. Unsere beiden Testlisten waren auch alles andere als ausgewogen und gut durchdacht.
Nach ein paar Spielzügen hatten wir beide die Spielmechanik recht gut verinnerlicht und insbesondere die vergleichenden Würfelwürfe brachten eine Menge Spaß. Damit das Spiel wirklich flüssig läuft, bedarf es wohl noch einiger weiterer Spiele und ich freue mich schon darauf.
Weitere Fragen beantworte ich nach Möglichkeit gern.